Wohnen wir eigentlich noch individuell? Ein spannendes Thema, welches Ricarda vor kurzem auf ihrem Blog 23qm Stil angeschnitten hat (ihren Post solltet ihr unbedingt lesen!). Ihr Beitrag hat mich dazu bewogen, nun auch selbst etwas über das Thema zu schreiben, denn ich habe schon häufig darüber nachgedacht. Wohnen wir inzwischen alle gleich oder zumindest ziemlich ähnlich? Geht unsere Individualität durch Plattformen wie Instagram verloren? Entwickelt sich die App von einer Inspirationsquelle hin zu einem einzigen, langweiligen Einheitsbrei? Ich sage: Jein! Das Thema hat meiner Meinung nach mehrere Facetten.
Wenn ich mich bei Freunden und Bekannten umsehe, dann wohnt eigentlich niemand so wie ich. Ich habe genau eine einzige Freundin, die eine Wohnung hat, die man als ‚instagrammable‘ bezeichnen könnte. Bescheuertes Wort, aber ihr wisst, was ich damit meine. Alle anderen wohnen total unterschiedlich, bei den meisten findet man keine der besonders beliebten Designklassiker, wie etwa die String-Regale, Wishbone Chairs oder Kay Bojesen Äffchen, und auch nicht allzu viele Trendteile. Viele verändern außerdem nicht wirklich oft etwas in ihren Wohnungen. Ich glaube das Phänomen des vermeintlichen Wohn-Einheitsbreis ist wirklich speziell auf Instagram ausgeprägt, wo ihr und ich vermutlich sehr gezielt viele Interior Accounts verfolgt.
Diese Welt der Interior Accounts ist eine Blase! Diese Blase ist, verglichen mit der Realität um uns herum, doch sehr klein. Das muss man sich klar machen. Natürlich finden wir in unserer Blase aber alles, was gerade einrichtungsmäßig angesagt ist und zwar jede Menge davon. Genauso ist es auch beim Thema Mode (DAS Kleid, welches zurzeit alle tragen, etc.), doch meiner Meinung nach beeinflusst Instagram hier schon viel spürbarer unsere Realität. Ist ein bestimmter Look bei Influencern gefragt, verbreitet sich dieser in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer und in den großen Städten sieht man etliche Mädels und Jungs in den Klamotten oder zumindest einem Abklatsch der Klamotten, die viele Influencer tragen. Ganz so schnell beeinflussen die Interior Accounts die Wohnzimmer echter Menschen dann wohl noch nicht, zumindest empfinde ich das in meinem Umfeld so. Wie geht es euch da?
Ich persönlich habe übrigens nicht das Gefühl, dass alle Interior-Accounts ‚gleich‘ aussehen. Ich sehe Fotos und weiß oft direkt, welche Person mit ihrer persönlichen Handschrift dahinter steht. Geht euch das nicht so? Natürlich finden sich in der Masse an Profilen auch welche, die sich wohl sehr stark ähneln. Diesen muss man aber nicht folgen, wenn es einen langweilt. Ich folge solchen Accounts bewusst nicht und daher sehe ich diese scheinbar immer gleichen Bilder auch nicht. Es gibt so viele ‚gute‘ und inspirierende Accounts, man hat die Wahl. Jeder kann den Profilen folgen, die er liebt.
Meiner Meinung nach sehen die Profile also nicht alle gleich aus, aber natürlich finden sich bestimmte Dinge sehr, sehr häufig in unseren ‚Instagram-Wohnungen‘. Weil eben viele sie toll finden, weil einige andere kopieren wollen, weil manche sich an das anpassen, was scheinbar cool ist. Wenn man hat, was Leute mit vielen Followern haben, kriegt man automatisch auch mehr Follower, oder? Ich denke, das könnte bei manch einem der Gedankengang sein. Andere haben einfach einen ähnlichen Geschmack. Gerade auch unter Freunden finde ich es völlig normal, dass man mal die gleichen Schuhe kauft, sich zufällig in die gleiche Tasche verliebt oder eben in die gleiche Leuchte. Finde ich kein Drama.
Dass einige Designklassiker in vielen Wohnungen zu finden sind, stört mich persönlich nicht so sehr. Es ist doch schön, wenn sich gutes Design verbreitet. Lieber sehe ich in vielen Wohnungen eine wunderschöne Flowerpot Leuchte, als überall fragwürdige Sofas aus dieser einen Stoff-Kunstledermischung ;), ich hoffe ihr wisst, welche ich meine.
Selbstverständlich will jeder von uns trotzdem ein Stück weit individuell bleiben. Auch das finde ich total normal. Aus diesem Grund habe ich mir beispielsweise gerade keinen Wishbone Chair gekauft, weil gefühlt gerade ‚jeder‘ diesen Stuhl bei sich stehen hat. Trotzdem finde ich ihn traumhaft schön. Würde ich mal einen Monat nicht auf Instagram vorbeischauen, würde mir dieser Stuhl vermutlich nur ein-zweimal über den Weg laufen. Wahrscheinlich im Schaufenster eines tollen Möbelladens oder in einem angesagten Concept Store, aber nicht bei meiner Nachbarin, meiner Freundin oder meinen Eltern. Übersättigung ist wirklich nur auf Instagram vorhanden.

Neben dem Problem des Einheitsbreis wird im Zusammenhang mit dem Thema auch oft angemerkt, dass sich einige einst individuelle Wohnungen aufgrund von Kooperationen verändern und das nicht unbedingt zum Guten. Eine Sache, die ich ehrlich gesagt auch schon bemerkt habe. Leider scheinen manche Instagrammer/Blogger das Bedürfnis zu haben, soviel wie möglich für ihre Wohnungen abzugreifen. Da werden dann auch mal Dinge angenommen, die eigentlich gar nicht so gut zum Stil passen. Ich selbst weiß aus erster Hand wie es ist, wenn ständig Angebote reinflattern. Hier noch ein neues Möbelstück, da noch ein paar Accessoires, alles in Form von Kooperationen scheinbar leicht zu haben. Da kann man seinen individuellen Stil leicht mal verlieren und hat plötzlich die eigenen vier Wände voller Stücke stehen, die gerade zwecks Kooperationen auch bei anderen zu sehen sind.
Ich habe für mich beschlossen, dass meine Wohnung exakt so aussieht, wie sie auch aussehen würde, wenn ich 500 Follower bei Instagram hätte statt über 70.000. Um all das unterzubringen, was einem so angeboten wird, bräuchte ich sowieso eine 12 Zimmer Wohnung und auch einen etwas flexibleren Geschmack. Nur weil ich ein Regal/einen Tisch/einen Stuhl angeboten bekomme, muss ich diesen ja nicht annehmen. Meine Individualität zu behalten ist mir da echt wichtiger. Manchmal passt ein Möbelstück natürlich wie die Faust aufs Auge, aber ganz, ganz oft eben auch nicht.
Jeder sollte sich bewusst machen, dass Individualität Spaß macht, aber es auch okay ist, mal nicht der individuellste Stern unter der Sonne zu sein.
Ich bin total gespannt, wie ihr das Thema seht und freue mich auf eure Kommentare!
6 Comments
Ein ganz toller Blogpost! Du hast absolut recht
Ich bin mit Designklassikern aufgewachsen. Mein Panton Chair zb ist von meiner Oma 🙂 und auch die Wishbone Chairs standen lange bei meinen Eltern im Esszimmer. Die Liebe zum Design wurde mir also quasi in die Wiege gelegt. Leider reicht mein Budget nucht für alles und dann kommt halt viel Ikea dazu, weil schön geradlinig. Halt wie ichs von früher kenne. Ich glaube es hat auch sehr viel mit Designliebe zu tun. Menschen die keine Liebe zum Design haben, kaufen sich halt mal einen Tisch im Möbelhaus XY und gut ist für die nächsten 20 Jahre. So gehts mir zb mit Autos 😉
Was ich nicht mag sind diese Wohnungen wo man sofort erkennt, mit wem sie Kooperieren.. 😉 aber jeder wie er mag!
Liebe Svenja,
Du hast das alles toll verfasst und auf den Punkt gebracht. Ich finde diese Plattform super schön und interessant, denn es ist ja wie in einem Bilderbuch zu blättern.
Ich habe meinen Account nicht öffentlich da es mir nicht wichtig ist, möglichst viele Follower zu haben. Mir ist wichtig dass ich meinen Stil treu bleibe.
Es gibt hier Leute, dessen Zuhause täglich anders aussieht. Das finde ich sehr anstrengend und ich frage mich wie man so viel Zeit haben kann. Und das alles nur um täglich ganz viel Lob zu bekommen. Man muss sich selbst treu bleiben und das wahre Leben spielt sich ja woanders ab.
Ich habe mich aber schon immer für Einrichten und Dekoration interessiert. Das finde ich sehr spannend.
Ich wünsche dir viel Spaß und Freude beim Umbau und der Gestaltung deines neuen Hauses. Ich mag deinen Stil. Würde mich freuen wenn du mal auf meinem Account vorbeischauen würdest.
Alles Liebe Tatjana
Liebe Svenja,
ich finde deinen Beitrag und dieses Thema sehr spannend. Massengeschmack ist so gar nicht meins. Leider kenne ich nicht sehr viele Wohnungen mit einem kreativen und individuellen Einrichtungsstil. Sehr häufig vollgestellt mit günstigen Teilen vom Möbeldiscounter. Darum folge ich Blogs um mich inspirieren zu lassen. Social Media ist so vielfältig wie das Leben auch. Designklassiker finde ich toll und diese lassen sich auf unterschiedliche Weise kombinieren. Jeder reiht die Wichtigkeit der eigenen 4 Wänder unterschiedlich. Von Design und mit Geschmack bis zweckmäßig dem Budget angepasst. Obwohl meiner Meinung sich diese Dinge nicht ausschließen müssen. lg angelique
Liebe Svenja,
ich finde das Thema hat zwei Seiten: natürlich gibt es viele Blogs/Accounts die sich ähneln und trotzdem ihre eigene Handschrift haben, aber andererseits folge ich natürlich auch nur Accounts oder lese Blogs, deren Stil mir gefällt und die mich inspirieren. Mich interessiert kein Account/Blog der bunten Boho-Style zeigt – das ist nicht mein Ding. Bin ich dann nicht auch selbst am „Einheitsbrei“ meines Feeds schuld?
Ich selbst mag es gerne hell mit ein bisschen Holz – von Ikea, alten Schätzchen und Design-Stückchen ist alles dabei – aber ‚instagrammable‘ ist es bei mir bei weitem nicht, auch wenn ich mir viel auf Instagram anschaue. Aber am Ende gilt doch: Hauptsache mir gefällt es.
Ich lese Deinen Blog gerne und sehe auch gerne Deine Bilder auf Instagram (Reisen oder Wohnen – beides).
Danke für Deine Inspirationen!
Liebe Grüße
Claudia
Liebe Svenja,
wie der Zufall es will schreibe ich momentan auch an einem Blogpost über „Instagrammability“. Aber aus der Perspektive der Innenarchitekten und was die daraus lernen können bzw. welche Probleme durch Instagram auftauchen.
Aber Du hast schon Recht, Instagram führt zu einer Vereinheitlichung von Looks (wie auch Pinterest!), weil sich ein Massengeschmack rasend schnell verbreitet im Netz. Und das ist auch nicht verwerflich. So wohnen viele Leute halt gerne. Und wenn einem die Flowerpot Lampe hundert Mal vors Auge gespült wird, dann kaufst Du sie vielleicht auch. Oder du hasst sie!
Plattformen wie Instagram und Pinterest sollen ja auch inspirieren. Und wenn man nicht so das Interiorhändchen hat (ich habe zum Beispiel kein Kochgen), und ein bisschen unsicher in seinen Entscheidungen ist, dann ist es doch prima, wenn Instagram dir die Entscheidung abnimmt.
Vorsicht ist immer geboten, wenn Accounts für den Instagramfame andere erfolgreiche Accounts kopieren und bewusst den Look nachmachen. Das finde ich nur doof!
Alles Liebe ,
Eva
Waldfrieden State